Depressionen, Suchtverhalten, Angst- und Zwangsstörungen: Ein Teil der jungen Menschen hat massiv mit den psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen.
„Gerade im Bereich der Verhaltenssüchte merken wir, dass junge Menschen vermehrt professionelle Hilfe benötigen“, sagt Kurosch Yazdi. „Vor allem die Internet- und Handysucht ist in
den vergangenen Monaten angestiegen. Die mangelnden Möglichkeiten, persönliche Kontakte wahrzunehmen, haben das Sozialverhalten vieler Menschen nachhaltig verändert."
„Psychische Erkrankungen ‚verdichten‘ sich zur Zeit und treten seit Corona früher auf“, sagt Doris Koubek. „Gerade bei jungen Menschen, die früher bereits mit psychischen Problemen zu
kämpfen hatten, treten nun die verschiedenen psychischen Störungsbilder verstärkt auf und die Symptome kommen massiver zum Vorschein.“
Jetzt muss man gut darauf achten, psychische Probleme bei jungen Menschen rasch zu erkennen und diese professionell behandeln zu lassen. „Ängste, Zwangsstörungen, Depressionen und
Essstörungen wurden durch Corona besonders ‚getriggert‘. Jugendliche mit einer Essstörung seien hier besonders erwähnt. Diese leiden grundsätzlich schon darunter, sich aufgrund ihrer
Erkrankung isoliert und ohnmächtig zu fühlen und zweifeln massiv an sich selbst und ihrem Aussehen. Gerade diese Jugendlichen sind nun durch den permanenten Lockdown noch mehr sich
selbst, ihren Gedanken und ihrem Selbstzweifel überlassen.“
Soziales Umfeld entscheidend
Corona hat in allen sozialen Schichten Probleme verursacht, die Maßnahmen dazu werden oftmals als belastend wahrgenommen. „Wir unterstützen die Corona-Maßnahmen der Politik und wir
erachten sie als sinnvoll, doch man muss auch mit den negativen Folgeerscheinungen umgehen lernen“, sagt Kurosch Yazdi.
Bei sozial benachteiligten Familien und in Familien, in denen schon vor Corona viele Probleme gleichzeitig bewältigt werden mussten, sind die Folgen der Pandemie stärker sichtbar.
Immer mehr junge Menschen suchen die Hilfsangebote von pro mente OÖ auf.
„Die Corona-Maßnahmen sind für viele sehr schwierig – neben finanziellen Sorgen, haben viele Familien Probleme, ihren Alltag noch irgendwie zu strukturieren. Leider trifft es vor
allem wieder die Schwächsten der Gesellschaft am meisten: Junge Menschen – und gerade junge Menschen mit problematischen Familiensituationen“, sagt Manuela Nemesch. „Es braucht ein
spezielles, niederschwelliges Angebot für Kinder, Jugendliche und deren Eltern, um diese besser unterstützen zu können. Viele Angebote von pro mente OÖ gehen bereits in diese
Richtung.“
"Besonders ein Teil der Jugendlichen, der zu der Gruppe der NEETs zählt, also junge Menschen, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in Kursmaßnahmen
befinden, haben es gerade besonders schwer", sagt Johann Bacher.
Konsequenzen der Pandemie noch schwer absehbar
„Welche Langzeitfolgen uns die Pandemie bringt, lässt sich nur erahnen“, sagt Kurosch Yazdi. „Wir rechnen aber mit einem Anstieg der psychischen Erkrankungen. Ich denke, wir müssen
nun Strukturen schaffen bzw. ausbauen, um Betroffene rechtzeitig und professionell unterstützen zu können.“